Das erste Highlight des Tages schlängelte sich beim Frühstückstee über den Strand und zog sogar die Blicke der arbeitenden Thais auf sich. Eine silbern glitzernde Schlange, die allem Anschein nach ungefährlich war, niemand schrie entsetzt auf und suchte das Weite.
Da ich ja auch bald das Weite suche, beschäftige ich mich mit der Rückreise. Und dabei fällt mir auf, dass ich ja schon am Freitag zurück fliege, bislang ging ich unbewusst davon aus, dass der Flieger am Samstag abhebt. Aber ich lande am Samstag und komme ja nun nicht gerade aus London. Freitag also, und somit ist mir ein weiter Tag abhanden gekommen. Aus dem Plan, eine Nacht in Chumphon zu bleiben, um dann zwei Tage am Strand zu residieren, ist eine einzige Nacht in Chumphon geblieben. Den anderen Tag hatte ich ja schon gestrichen, zeitgleich im Nachtzug zu sitzen und am Strand zu pennen schaffe auch ich nicht.
Erschwerend kommt hinzu, dass am Montag, dem Abreisetag, hier in Thailand das Neujahrsfest, Songkran, begangen wird – und das heisst vor allem: Nässe. Der Brauch besagt nämlich, dass ein jeder, der trocken daher kommt, aus Schläuchen, Eimern und allem anderen, was Wasser hergibt, bespritzt wird. Ein lustiger Brauch, so ich denn nicht mein Gepäck bei mir hätte, Tablet, Foto, Handy, Reiseunterlagen. Was tun? Erst am Dienstag abreisen, von der Fähre zum Busbahnhof, Nachtbusticket ziehen und direkt nach Bangkok? Oder doch den Weg über Chumphon nehmen, mit der Option auf Erlebnisse und Nässe? Gute Frage.
Heute feiere ich den Tag der geschundenen Pläne. Nachdem ich zunächst Mühe hatte, ins Netz zu kommen, was sich insbesondere beim Veröffentlichen von Bildern nachthailig auswirkt, wollte ich unbeschwert in die Flut springen. Da Mr Trip jedoch auf seinem Ausflugsboot zu tun hatte, lag dieses ein paar Meter von uns entfernt und dieselte fröhlich vor sich hin, leichte Abgasschwaden zogen über mich hinweg. Also Planänderung, auf zum Friseur, zwecks Rasur. Den ersten, den ich erreiche, will mich mit der Maschine rasieren, da mir der Sinn jedoch nach einem Messer stand, suche ich einen Nächsten auf, dort, wo ich schon einmal war. Doch dieser hat geschlossen.
Also auf ins Little Village zum Ban Naam Chai, um ein Buch auszuleihen, die kleine Library gehört zum Gelände, dort gibt es Literatur in vielen Sprachen. Doch unter den vielen Mankells und Larssons ist nichts wirklich für mich dabei, unverrichteter Dinge ziehe ich ab. Immerhin konnte ich weiter oben im kleinen Lädchen zwei Postkarten samt Briefmarken ergattern, das war doch schon mal was.
Hier im Resort lagen die ersten Tage jede Menge Bücher und Zeitschriften im Regal, die eines Tages über Nacht verschwunden waren. Vielleicht finde ich sie ja irgendwo. Als ich Cha fragte, verwies er auf einige Kisten, ich solle dort einmal schauen. Also öffnete ich eine und wühlte mich durch die zerlesenen Bände, Cha begann daraufhin, die anderen Kisten zu öffnen und die Bücher ins Regal zu räumen. Das habe ich dann so auch nicht gewollt.
Die zu findenden Bücher sind wahrscheinlich von Reisenden aus aller Herren Länder zurück gelassen worden, zerfledderte Krimis, thailändische „Schöner Wohnen“ und Werke, die vor allem Frauen lesen. Die meisten gehen so:
Joy oder Stefanie, 36, befindet sich in einer Krise, trotz vielversprechendem Job in der Medienbranche und einem patenten Freund. Ihre Lebensplanung steckt in einer Sackgasse, ihre beste Freundin, Sunny, sucht verzweifelt einen Mann. Darüber unterhalten sie sich ausgiebig bei Mario, dem besten Italiener in der Stadt. Sie beschließen, zu zweit auf eine Urlaubsreise aufzubrechen, dabei lernt Joy oder Stefanie einen leichtlebigen Aussteiger kennen und sie verliebt sich Hals über Kopf in Martin, der braungebrannt in seiner Hängematte liegt und viele weise Worte von sich gibt. Stefanie fühlt sich ihrer Fesseln beraubt und belegt einen Yogakurs, während sich ihre beste Freundin in den Masseur verliebt, der leider schwul ist. Als Joys oder Stefanies Mann, nennen wir ihn Paul, Doukumentarfilmer von Weltkulturdenkmälern, völlig überraschend zu Besuch kommt, erwischt er Joy oder Stefanie im vertrauten Gespräch mit Martin, was ihn nicht sonderlich stört, da er schon länger bemerkt hatte, dass auch in der Beziehung etwas nicht stimmt. Eigentlich ist er nur gekommen, um Joy oder Stefanie mitzuteilen, dass er für ein Jahr auf eine Segeltörn geht, Polynesien zuerst. Joy oder Stefanie ist zuerst betrübt, ob der Anwesenheit von Martin aber wieder aufgemuntert. Während Pauls Reiseplanungen kommen sich er und Sunny näher, sie beschließen, gemeinsam zu Segeln. Martin entpuppt sich Geschäftsführer einer Firma, welche seinem Vater gehört und in der gleichen Hauptstadt ansässig ist wie Joy oder Stefanie. Nach seiner Auszeit soll Martin diese übernehmen, sie sind anerkannte Spezialisten für einjährige Segeltörns und so hilft Martin Paul und Sunny bei den Vorbereitungen, während Joy oder Stefanie eine Grundausbildung in Yoga abschließt. Noch vor Ort kündigt sie ihre Stellung und kehrt zwei Wochen später gemeinsam mit Martin in die Hauptstadt zurück. Während Martin die Firma biologisiert und fortan nachhaltige Törns anbietet, eröffnet Joy oder Stefanie eine Yoga-Schule in Prenzlauer Berg. Abends speisen sie erfüllt bei Mario und erzählen ihm, dass Paul und Sunny auf Bali nach altem indonesischen Brauch geheiratet haben. Der schwule Masseur aber entpuppt sich als Weltgeist, der die Fäden in der Hand hält.
Hesses Siddharta ist leider nicht in der Biblothek vorhanden, so greife ich zwei Büchlein auf gut Glück. Beim ersten fehlen die ersten fünfzig Seiten, das zweite spielt in Irland, beides ist dann doch nichts für mich. So lege ich mich kurz in die Sonne, gehe baden, nachdem Mr Trip auf hoher See verschwunden ist und roller anschließend einen Rundkurs, wobei ich vergesse, einen Eintracht-Aufkleber für das kleine Pier mit zu nehmen. Spät am Abend, der Sunset hat seine Meisterleistung vollbracht, esse ich zu Abend und lausche den Wellen, die mich nun seit drei Wochen rund um die Uhr begleiten. Manchmal raschelt es unter meiner Veranda, der Nachtstern leuchtet und ich schlafe ein. Es war mein letzter Freitag in Thailand.
Der Weltgeist ist ein schwuler Masseur, der die Fäden in der Hand hält. Oder umgekehrt. Und in Frankfurt schreiben 55 Säer der Unzufriedenheit die Eintracht gefährlich nahe in die Verschlechterung der sportlichen Gesamt-Situation. Mit dieser bin ich nicht mehr zufrieden. Ganz allein und ohne Säer. Und ich schätze, der Weltgeist kann manchmal auch ein ganz schöner Kleingeist sein. Zumindest hier, in der Provinz. ;-)
Ach die Eintracht und die Unzufriedenheit. Da zucke ich mit den Schultern und lächle dem schwulen Masseur zu. Wenn ich wieder vor Ort bin, fieber ich wieder mit. Ansonsten kommt die Diva auch ohne mich prima nicht klar :-)
Ja, tut sie. :-)
Ich habe übrigens „Hessens Siddharta“ gelesen und mich gefragt, wen du damit meinen könnest, bevor ich beim zweiten Lesen merkte, das mir meine Augen einen Streich gespielt haben. Einen, der mich nicht zum ersten Mal darauf hinweist, entweder die Schriftgröße zu verändern oder meine Brille aufzuziehen. Auch ein Kid wird alt. ;-)
Siddharta habe ich öfters gelesen, zuletzt in Indien. Heuer aber ich ihn zuhause gelassen, ich Trottel. Hätte ihn jetzt gerne. Den alten Hessen :-)
Ja, ein Brillchen lässt meine Kurznachrichten auch eleganter aussehen.