Die Zeichen stehen auf langsamen Abschied, vielleicht soll ich Little Paradise nicht länger als nötig vereinnahmen, zumal die Saison hier sich langsam dem Ende entgegen neigt, auf meinem Weg durch die Insel habe ich sogar schon einen Platz entdeckt, der sich für die Regenzeit verabschiedet und fürs Erste geschlossen hat.
Es sind Kleinigkeiten, die Signale senden. Die Ernte der Cashewnüsse neigt sich dem Ende entgegen, sie wachsen hier nicht das ganze Jahr über; wenn der Monsun kommt, ziehen sie sich zurück wie die Menschen hier zum Teil, die Reisenden sowieso. Lae, die hier die Saison über gearbeitet hat, ist in ihre Heimat Myanmar zurück gekehrt, nun bedient meist Kin, die selbstbewusster ist. Manchmal hört man sie leise singen und ihr Lachen ist strahlend, die Zähne blitzen in der Sonne. Sie ist Teil der Familie und trägt abwechselnd ein Trikot von Barcelona und Real Madrid, der Name auf der Rückseite ist in Thaischrift geschrieben. Im Gegensatz zu Lae habe ich sie auch schon im Wasser gesehen oder mit Eow Federball spielen. Eow ist übrigens Al, ich hatte den Namen nur falsch verstanden.
Unsere kleine Gemeinschaft hat heute Zuwachs bekommen, eine weitere deutschsprachige Reisende hat sich heute einen der freistehenden Bungalows gemietet und sich bei Ankunft eine kleine Wunde zugezogen, das Betaisodonna von Claudia leistet erneut ganze Arbeit. Bei meiner nächsten Reise gehört es unbedingt ins Gepäck, wie auch eine Tube Bepanthen.
Früh am Morgen kommt ein Longtail Boot angeschippert, sie gleichen den Kähnen auf dem Chao Phraya in Bangkok. Das hölzerne Boot wird durch einen riesigen freiliegenden Motor im Heck angetrieben, die Schraube steckt an einem langen Rohr, welches zum Fahren in die See getaucht wird. Der Kahn schafft es fast an den Strand, die letzten Meter müssen allerdings zu Fuß zurück gelegt werden.
Ich beobachte die Prozedur von meiner Hängematte aus, trinke dann meinen Tee und schreibe, um später in der Matte zu liegen, bis die Sonne sich über meiner Hütte langsam Richtung Westen dreht und die Strahlen mich und meine Hängematte erreichen; Zeit für einen Ausflug mit dem Roller. Leider habe ich die Nummer vergessen, mit der ich Geld von Girokonto auf das Kreditkartenkonto überweisen kann, ich hoffe, dass ich auch so an Geld komme. So steuere ich das kleine Dorf vor dem Long Beach an und parke am Ende der Straße. Dort wartet ein kleiner Stand mit Kuchen auf Kundschaft, als ich davor stehe, kommt ein kleines Thaimädchen mit einer Kuchenzange und möchte arbeiten und da der Kuchen lecker aussieht, kommen wir ins Geschäft.
Im kleinen Dorf gibt es einige Souvenirshops, Reiseagenturen, Bars und Restaurants. Ich schaue mich ein bisschen um und beschließe, Geld zu tauschen bzw vom Konto abzuheben, eine kleine Agentur bietet sich an. Bein nächsten Trip hierher weiß ich, dass es ratsam ist, mit genügend Geld aus Bangkok oder Ranong hier her zu kommen, der Tausch kostet auf der Insel 5% Aufschlag. Nennt es Lehrgeld. Es macht auch Sinn, genügend Geld auf dem Kreditkartenkonto zu haben, und deshalb ist es nicht weit, bis mein Kreditlimit erreicht ist. Mehr spuckt der Geldkamerad nicht aus, ich hätte es wissen können. Noch habe ich Bargeld, aber es wird nicht ausreichen, meine angelaufenen Kosten für Bungalow und Roller zu begleichen. Ich verzichte auf das Geldkaufen, roller zurück und versuche, Geld von Konto zu Konto zu transferieren, eigentlich ein leichtes Unterfangen – so man denn die entsprechenden Passwörter parat hat. Drei Versuche später ist mein Zugang zur PushApp gesperrt, die neuen Zugangsdaten werden mir per Post geschickt – nach Frankfurt. Das dauert eine paar Tage, bis Pia mir die Informationen weiter gegeben hat. Aber es gibt eine Möglichkeit, Geld direkt auf das Kreditkartenkonto zu überweisen, das könnte etwas schneller gehen. Via Skype erreiche ich Pia und wir organisieren die Angelegenheit, es wird schon klappen. Zur Not habe ich ja noch ein paar Euro dabei und bleiben wollte ich hier schon noch zwei, drei Tage.
Durch die Organisation, konnte ich natürlich nicht den Nachmittag so entspannt genießen, wie ich zuvor gedacht hatte. Aber es ist gut, die Dinge auch knapp 10.000 km entfernt von der Heimat so einfach zu regeln. Hoffen wir, dass sie geregelt sind, die Sonne schickt sich an, unter zu gehen. Die ersten Anzeichen für den Untergang verdichten sich nach 16 Uhr, eine Stunde später beginnt das Spektakel. Minütlich verändern sich die Farben, ich gehe baden, liege in der versinkenden Sonne im Meer, die Wellen rollen sachte ans Ufer. Dann sitze ich am Strand und schaue aufs Meer. Sobald die Sonne verschwunden ist, wechselt das Nachthimmelfarbenspiel, bis es sternenklar zur Nacht dunkelt.
Ich esse zu Abend, lege mich in die Hängematte und sehe den halben Mond sich im Wasser spiegeln, die Lichtlein der Bars werfen ihre Lichtschatten ins Wasser dazu. Später mache ich einen Nachtspaziergang am Strand. Bei uns ist fast alles dunkel, im Resort nebenan leuchten die hellsten Lichter am Strand, es ist größer, schicker und die hellen Lichter stören ein wenig vom Blick aus der Hängematte. Luxusprobleme will ich meinen. Ich passiere die Strandeingänge zu den Resorts, manche sind dunkel, an anderen sitzen Menschen am Rande und schauen aufs Meer. Als ich an den Felsen ankomme, kehre ich um, ich brauche keine Taschenlampe, der halbe Mond wirft ein brauchbares Licht. Kleine Strandkrebse flitzen umher, ab und an begegnet mir ein Hund auf seinem Streifzug durchs Dunkel. Angekommen am Bungalow tausche ich Sarong gegen Badehose und gehe ins Nachtwasser, bis zum Kopf stehe ich darin und kann auf den Grund blicken. Ich schwimme im Nachtstrahl des Mondes, lege mich auf den Rücken, gehe nicht unter. Über mir der Sternenhimmel, klar wie das Wasser unter mir, über mir der Mond, die Ohren sind unter Wasser, ich habe einen 360° Blick in die Nacht und höre nur das Meer. Heilender kann nichts sein. Beim Schwimmen entdecke ich erneut die Lichtwasserbläschen im Schein eines Nachtlämpleins einer Bar. Es sind genau die magischen Momente, die nichts und niemand erzwingen kann, die kommen und sich festbrennen in deinem Leben und dich bis zum letzten Tag begleiten werden. Der Abend im Nachtmeer in Thailand.
Ich dusche und lege mich zur Nacht. Draußen wispert es und klackert, Früchte fallen auf das Dach meines Bungalows und ich schlafe tief und fest, bis ein neuer Morgen erwacht. Stehen die Zeichen wirklich auf Abschied?
Selbst im kleinen Paradies geht es nicht ohne bare Münze. Und so kommt die Klage von Goethes Gretchen nicht aus der Mode: „Nach Golde drängt, am Golde hängt doch alles. Ach wir Armen!“ ;-)
Wobei ich mich gerade frage, warum es das „liebe“ Geld heißt? Wie auch immer: Fast alles will irgendwie „bezahlt“ sein im Leben. Und manchen Preis zahlt man ja durchaus gern. :-)
Und jetzt bin ich gespannt, wie die Zeichen stehen.
Ja, das liebe Geld der Zins, der Zinseszins und die Arbeit, die meist nichts mehr mit dem Mensch und seinem Leben zu tun hat, sondern oft alleine dem Gelderwerb dient. Der Sonnenuntergang aber nimmt keinen Eintritt.