Ein Sammelsurium aus dem angebrochenen Leben

Logbuch Thailand – Dont’t feed the monkees

In der Nacht hatte ich das Moskitonetz oben gelassen, der Morgen zeigt, dass es auch nicht nötig war, bislang habe ich keinen der Plagegeister entdecken können. Die Viecher können dir das Leben ganz schön vermiesen.

Früh am Morgen trinke ich einen Thai Tee, und versuche, auf dem Tablet Bilder klein zu rechnen, ein mühsames Unterfangen, auf dem Tablet ist keine Stapelverarbeitung möglich, zumindest mit meiner App nicht. Sechs, sieben Schritte sind für ein Foto nötig, aber immerhin, ich kann es. Meine technische Ausrüstung besteht aus meinem Tablet zum Schreiben und komfortablem Surfen, wenn zum Recherchieren, Buchen oder Vorbereiten nötig – plus Ladegerät, welches ein Stromstecker mit USB-Anschluss ist, davon habe ich zwei dabei, nutzbar für alle Geräte außer der Kamera. Dazu habe ich ein Handy, welches konsequent auf Flugmodus läuft, aber als Offline-Navi und Whats App funktioniert, mit dem Tablet, das einen starken Akku hat, kann ich nicht telefonieren, also auch kein Whats App. Außerdem habe ich noch einen MP3 Player samt USB-Mini- Lautsprecher, der ist im Zweifel lauter als ich brauche und so groß wie eine Mandarine. Zwar hat mein Handy auch einen Player, aber ich will den Akku vor allem fürs Navi sparen und vermeiden, dass er im Ernstfall leer ist. Gute Dienste leistet mir wie stets meine Kamera, nicht die große, meine kleine habe ich dabei. Die Canon macht die schöneren Bilder, aber das wäre mir zuviel Schlepperei. Leider ist ein Fleck auf der Linse, der vor allem beim Zoomen in helle Bereiche zu sehen ist, es wird wohl die letzte Reise mit ihr sein. Zu guter Letzt habe ich noch einen Charger dabei, der mit im Notfall Energie für einige Stündchen liefert. Wahnsinn, was man damit alles machen kann. Navigieren, Disco, Büro, Bilder, auch bearbeiten, Kunst, Bücher schreiben, und über 10.000 km von Angesicht zu Angesicht quatschen. Und das passt locker in meine Bundeswehrumhängetasche, eine Art Brotbeutel. Der Rest passt ebenso locker in meinen 20 Liter Rucksack, der ohne lange Hose und Hoodie, die ich wohl nur auf dem Flug brauche, fast leer ist.

Das alles liegt jetzt in meinem Bungalow, während ich gemächlich zwischen Meer, Hängematte und den Stühlen am Wasser hin und her pendele. Morgen wird ein Bungalow in der ersten Reihe frei, die Hängematte ist dann nur durch einen Baum vom Meer getrennt. Obwohl ich meinen jetzigen ganz schön lieb gewonnen habe. Es wird wohl der kürzeste Ortswechsel meiner Reise. Auf meiner Veranda hat sich auf der Bank eine Katze breit gemacht und pennt den ganzen Vormittag, ich könnte eigentlich Miete verlangen. Zum Frühstück gibt es ein Coconut-Shake. Waren meine Shakes bislang eher zerstoßene Früchte mit Eis im Plastikbecher, so ist der Kamerad eine ausgehöhlte grüne Kokosnuss, deren Inneres abgeschabt und mit Fruchtwasser vermischt ist. SO geht Coconut-Shake, genau so. Ob ein Lemonshake auch in der Frucht serviert wird? Werde ich mal ausprobieren

Gegen Mittag schnappe ich mir meinen gelben Yamaha Roller und rolle weiter Richtung Norden. Als ich ihn bekommen habe, fragte mich der Verleiher, der die Technik klar gemacht hatte, welche Farbe ich gerne hätte. Ich sagte: „Die Farbe ist mir wurscht, die Bremsen müssen funktionieren.“ Er lachte und machte einen Test. Ich hatte dann noch Fotos von Schadstellen gemacht.

Ich komme an der Bar vorbei, an der gestern ein Feuerspektakel stattgefunden hat, kurz darauf entdecke ich ein Hinweisschild der Hippie-Bar, die vor allem deshalb bekannt ist, da sie komplett aus Treibgut gebaut ist. Heute fahre ich dran vorbei, aber irgendwann werde ich dort vorbei schneien. Nach Barbetrieb in der Nacht steht mir derzeit nicht der Sinn, das kenne ich aus Frankfurt zur Genüge. Meine Musik ist das Meer und der Wind und die Schwingungen in meinem Herzen, dazu die leise Melancholie, dass Pia nicht vor Ort ist, dabei ist sie ja.

Nach einer Weile endet der betonierte Weg, eine Sandpiste führt weiter in den Dschungel. Linker Hand zweigt ein kleinerer Weg ab, ein Schild sagt: „Don’t feed the monkees“, ich biege ab, rolle die Piste zwischen dschungeligen Bäumen entlang, die Geräusche könnten Affen sein, aber ich sehe noch keine, du siehst ja auch keine Rehe, wenn du durch den deutschen Wald knatterst. Nach wenigen Hundert Metern endet der Weg, einige Scooter parken an der Seite, ich stelle meinen dazu. Nach ein paar Schritten durch den Dschungel entdecke ich einige Hütten ins Grün gebaut, Reisende haben ihren Platz gefunden, ich bin in einem beschaulichen Resort gelandet, am Meer ist ein auf Stelzen gebautes einfaches Restaurant, eine Frau liegt auf einer Matte, ein paar Kinder spielen im Wasser, eine Schaukel hängt an Ästen direkt über dem Meer. Ich lege mich auf eine Matte und trinke ein Wasser, ein entspannter Ort, den man erst einmal entdecken muss. Vielleicht sind das sie schönsten Plätze, die nicht mit großen Hinweisschildern locken, die still und friedlich in einem Irgendwo liegen und sich nur demjenigen offenbaren, der bereit ist, zu finden.

Auch auf dem Rückweg sehe ich keine Affen, von daher komme ich noch nicht einmal in Versuchung, sie zu füttern. Weiter nördlich geht es etwas steiler bergab, dort steht ein deutsches Pärchen mit einem Roller. Sie wollten weiter unten ein Resort anschauen, trauen sich aber nicht, den Weg zu fahren. Ich tucker langsam nach unten, nach wenigen Metern endet der Weg. Also geht es wieder zurück, die beiden sind schon weg, sie hätten einfach laufen können. Später treffe ich sie erneut und gebe ihnen Bescheid.

Vorbei geht es an einigen Restaurants und Bars, nur ab und an überholt mich ein Scootertaxi.. Schilder und Plakate verweisen auf Massagen oder Bootsbuchungen, aber es ist kaum etwas los, die Saison neigt sich dem Ende entgegen, die Urlauber und Reisenden verteilen sich auf der Insel, von der ich, obgleich sie nicht sonderlich groß ist, nur einen Bruchteil gesehen habe, es gibt noch viel zu entdecken. Es zeichnet sich ab, dass ich durchaus noch länger bleibe, ich habe ja kein Ziel, außer glücklich zu sein. Und das sieht verdammt gut aus.

Der Fahrtwind weht mir sanft um die Nase, am Eingang meiner jetzigen Heimat verweile ich kurz und fotografiere das hölzerne Schild und fahre weiter. Als ein Thai auf einem Roller entgegen kommt, gibt er mir ein Zeichen als brenne mein Licht, was hier aber völlig egal wäre. Was meint er bloß? Ich blicke nach unten und sehe, dass mein Ständer nicht hochgeklappt ist, eine hochgefährliche Angelegenheit. Ich kenne es ja, dass der Ständer automatisch hochklappt, oder aber das Moped nicht anspringt, so er unten ist, beides war nicht der Fall und bislang hatte ich das Rollerchen immer hochgebockt, diesmal nicht. Wieder einmal hatte einer meiner Schutzengel auf mich aufgepasst, mein Stern, der dann leuchtet, wenn er meint, es sei notwendig. Ich bin dem Thai sehr dankbar, doch er ist für mich auf Nimmerwiedersehen im Wirrwarr der Insel verschwunden.

Ich werde meine Yamaha nicht mehr auf den Seitenständer stellen, auch wenn es bequemer wäre, bin ja lernfähig. Zumindest manchmal. Durchatmend tucker ich weiter Richtung Pier, werde von meinen Rollerverleihern freundlich begrüßt und erkläre, dass ich länger als die zunächst angedachten drei Tage bleibe. No problem grinsen sie und ich fahre Richtung des kleinen Tempels am nördlichen Teil des Ostufers. Mönche gehen ihrer Beschäftigung nach, einige Buddhas sind in den Hang gebaut, umgeben von Opfergaben. Oft siehst du zum Beispiel eine Flasche mit Strohhalm an den Figuren und Miniaturtempeln stehen. Ein paar Meter weiter wird gearbeitet, ein Bagger versperrt den Weg, ich kehre um, fahre zurück ans Pier und halte Ausschau nach einem Päckchen Tabak. Ich hatte in Erfahrung gebracht, dass es einen rauchbaren Thai-Tabak gibt. Mein Rollervermieter verweist mich auf einen Laden in der Ecke. Dort gibt es zwei, ich betrete den ersten. An der Kasse liegen ein paar Päckchen, aber diese sind sehr teuer und auch nicht die, die ich wollte. Zwei sagen wir sehr kräftige Thais hinter dem Tresen können oder wollen mich nicht verstehen, wirken abweisend. Ich mag ihre Ausstrahlung nicht und sie mich nicht. Vielleicht, weil ich vergessen habe, meine Schuhe auszuziehen. Wenn ich Roller fahre, trage ich keine Flip Flops, sondern meine Segelturnschuhe, das ist sicherer, wenn du mit den Füßen auf den Boden musst. Eine kleine Wunde am Fuß kann dir die ganze Reise verderben. Im Laden gegenüber passiert mir dieser Lapsus nicht mehr, die Menschen, die dort arbeiten wirken aber auch so freundlicher. Es gibt Filter, Blättchen und Tabak, der dem gewünschten sehr ähnlich sieht. Zur Sicherheit suche ich mein geknipstes Bild, die Verkäuferin schaut mich fragend an. „Will der seltsame Fremde hier etwa nur Tabak fotografieren?“ Ich finde das Foto, wir vergleichen, sie weiß nun, was ich wollte, es ist der richtige, ich bezahle und verabschiede mich lachend. Später esse ich an dem Restaurant, wo ich auch schon bei meinem Kurzbesuch war, schon bei Ankunft winkt der Besitzer. Obgleich die Hütte nur wenige Meter vom Pier entfernt liegt, geht es hier sehr entspannt und freundlich zu. Er nimmt die Bestellung auf, legt sich in die Hängematte am Strand vor der Terrasse, sie kocht und der Nachwuchs spielt am Sand. Ein paar Meter weiter schaukeln Bootchen in den Wellen.

Auf dem Rückweg hole ich mir noch eine Ananas und treffe auf Kate und Tom. Sie kommen aus Irland bzw London, haben ihre Zelte dort abgebrochen, arbeiten hier in Thailand als Sprachlehrer und traveln durch Zeit und Raum. Tom kennt sich im Land gut aus und hatte mir gestern schon ein paar gute Tipps gegeben. Wir verabreden uns zum Abendessen bei mir im Restaurant, zwei andere würden auch noch kommen. So lande ich nach einer munteren Tour wieder auf meiner Hängematte. Ich gehe baden und setze mich dann auf einen der Holzstühle as Meer. Die Sonne beginnt langsam unter zu gehen, es ist verhältnismäßig klar, der Untergang verspricht, bunt zu werden. Und er wird bunt, und ich bin zunächst alleine. Es ist kein Traumtraum, es ist meine Wirklichkeit und diese verdichtet sich zu einem Traum. Die orangene Sonne glitzert in den Wellen, Boote schaukeln sanft dazu, ab und an marschiert ein Strandwanderer vorbei, ein Idyll, wie von Gotteshand gemalt. Ein Hund kommt vorbei, schnüffelt hie und da und kackt in den Sand. Gott malt viel, die Flut wird es wegspülen. Später kommen Ole und Katja dazu, es sind die beiden, die mir bei Ankunft die ersten Informationen zum Resort gaben. Wir kommen nach untergegangener Sonne ins Gespräch, die Zikaden zeckern dazu, bis es dunkel wird. Mit einem Schlag sind sie dann alle still. Die Zikaden.

Als Tom und Kate kommen, brechen wir die drei Meter zum Restaurant auf. Ole und Katja hatten gestern fried Fish mit Tamarind-Sauce vorbestellt, als ihr Essen kommt, ist das Staunen groß, riesige Portionen werden serviert, die Soße mit Chllies, Cahewnüssen, und feinen Gewürzen. Sie merken, dass zwei Portionen für zwei zu viel sind, so kann ich mir mit Tom einen teilen, und glaubt, mir, es war fantastisch, unsere Gastgeber sind nicht nur freundlich und nett, sie kochen auch so, wie ich es bislang hier noch nie genossen habe. Es ist ein Fest. Später sitzen wir noch beisammen und quatschen, bis es mir zuviel wird. Ich will nicht gar nicht genau wissen, wo die Menschen herkommen, was sie machen, und was man sich so erzählt, in wenigen Tagen gehen wir auseinander und sehen uns nie mehr wieder. Es ist zwar für eine Zeit unterhaltsam, dann ist es genug, ich verabschiede mich für’s Erste und lege mich in die Hängematte. Meine Worte sind der Wind und das Meer. Später sitze ich am Wasser, eine Urlauberin kommt hinzu, sie kennt sich auf der Insel aus, und gibt mir ein paar Tipps. Tipps sind immer gut und ich befürchte, meine Zeit wird zu knapp sein, alles zu befolgen. Schließlich will ich ja auch einfach nur in meiner Hängematte liegen und aufs Wasser schauen. Meine letzte Nacht in meiner Hütte ist angebrochen, morgen werde ich umziehen, genau zehn Meter. Danke, alte Hütte, du warst klasse. Ich liege in meiner Hängematte, einige wenige Gäste essen zu Abend, Lichtmuscheln beleuchten das Ambiente, das Meer rauscht. Später geht das Licht aus, vielleicht besorge ich mir demnächst eine Kerze. Zufrieden schlafe ich ein.

4 Kommentare

  1. Kid

    „die Geräusche könnten Affen sein, aber ich sehe noch keine, du siehst ja auch keine Rehe, wenn du durch den deutschen Wald knatterst.“
    Schöner, richtiger Satz, der mich zu folgenden Gedanken geführt hat: Mittlerweile sind die Rehe hier nicht mehr die scheuen Geschöpfe, die sie mal waren. Nicht nur der Mensch, auch die Tiere passen sich an. Und in und über unseren Wäldern hier ist es nun mal laut geworden.

    Umso wichtiger ist es, dem Affen Zucker zu geben. Nicht allen, nur dem eigenen. ;-)

    • Beve

      Die Affen sind hier die Humans gewöhnt, und umgekehrt. Vielleicht finde ich heraus, wer ver ist :-)

  2. Horst Reber

    Axel, Deine Berichte sind wunderbar. Wer liest, fühlt sich bei Dir in einem Land, das so viel zu bieten hat. Der „Stern“ hätte keine schönere Reportage schreiben können. Du bist ein Meister der Feder und der Beobachtung von Land, Leuten und Dir selbst. Weiterhin tolle Zeit, es grüßt Horst Reber

    • Beve

      Vielen Dank lieber Horst, aber ich lerne und freue mich, wenn ich einige Leute auf der Reise mitnehmen kann. Auf ihre eigene, und wenn sie zunächst nur im Kopf ist. Viele Grüße, Beve

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