Eintracht Frankfurt, das war einmal ein Sportverein, dessen Abteilungen sich in unterschiedlichsten Sportarten recht erfolgreich präsentierten; spektakulär leuchten vor allem die Erfolge der Fußballer: Deutscher Meister, Pokalsieger, Uefa-Cup-Sieger; aber auch in anderen Sportarten konnte sich die Eintracht prominent platzieren. So wurden die Tischtennis-Frauen 1959 wie die Fußballer Deutscher Meister. Dies alles wurde begleitet von Fans, von denen sich einige zu Beginn der Siebziger Jahre in Fanclubs zusammen fanden. Bis dahin organisierten sich die Fans ausschließlich als Vereinsmitglieder oder waren einfach nur Fans.
Heute ist die Eintracht nicht nur auf offizieller Seite gesplittert. Seit 2000 gibt es bekanntlich die Eintracht Frankfurt Fußball AG sowie Eintracht Frankfurt e.V., den Hauptverein. Gremien, Räte, Fans – da ist es insgesamt gar nicht so einfach, den Überblick zu behalten, welches Instanz was macht und vor allem wie es organisatorisch dazu kommt. Hier erscheint nun ein Versuch, das Gebilde Eintracht Frankfurt in der Struktur zu erläutern. Möge die Übung gelingen.
Die Eintracht Frankfurt Fußball AG ist verantwortlich für den Profifußball; angeführt von einem dreiköpfigen Vorstand, dessen Vorsitz seit 2003 Heribert Bruchhagen inne hat. Eingesetzt wird dieser Vorstand vom neunköpfigen Aufsichtsrat, der wiederum vom ehemaligen Fraport Vorstandschef Wilhelm Bender angeführt wird. Da der Verein nicht alleiniger Aktionär ist (67,9 % der Anteile hält der Verein, 28,5% die sogenannten Freunde der Eintracht und 3,6 % Wolfgang Steubing) besteht die Zusammensetzung des AR nicht nur aus Verantwortlichen des Vereins, der drei Mitglieder entsendet; die anderen sechs werden auf der Hauptversammlung der Aktionäre einvernehmlich gewählt. Dem Hauptaktionär, in unserem Falle Eintracht Frankfurt e.V. steht das Vorschlagsrecht für den Vorsitz des AR zu. Welche drei Mitglieder der Verein in den Aufsichtsrat entsendet, entscheidet der Verwaltungsrat des Vereins gemeinsam mit dem Beirat des Vereins.
Dem Verein hingegen steht das Präsidium vor; Präsident ist seit 2000 Peter Fischer als Nachfolger von Rolf Heller. Während früher der Präsident von den Mitgliedern des Vereins in legendären Hauptversammlungen gewählt wurde, ist heute die Sachlage dahingehend verschieden, als dass nun der Verwaltungsrat gemeinsam mit dem Wahlausschuss der Mitgliederversammlung einen Kandidaten vorschlägt, den die Mitglieder anschließend wählen. Die Vertreter des Verwaltungsrates werden ebenfalls von den Mitgliedern gewählt. Der elfköpfige Wahlausschuss setzt sich aus den Vorsitzenden des Ehrenrates und des Beirates, dem Leiter der Fußballamateurabteilung, dem Vereinsjugendleiter, einem weiteren vom Beirat zu benennenden Abteilungsleiter sowie aus sechs aus der Mitgliederversammlung zu wählenden Mitgliedern zusammen.
Der Beirat hingegen setzt sich vorwiegend aus den Abteilungsleitern der einzelnen Abteilungen zusammen. Darüber hinaus wählen die Mitglieder noch den Ehrenrat, der bei strittigen Fragen auf Vereinsebene schlichtend eingreift. Dieser wir angeführt vom Ehrenratsvorsitzenden.
Also sieht das beim Verein wie folgt aus:
Präsidium (Präsident – vorgeschlagen vom Verwaltungsrat und Wahlausschuss, gewählt von den Mitgliedern. Gemeinsam mit dem Verwaltungsrat bestellt der Wahlausschuss auf Vorschlag des Präsidenten die weiteren Mitglieder des Präsidiums, wofür die Zustimmung einer Mehrheit von jeweils zwei Dritteln der Mitglieder beider Gremien notwendig ist.)
Verwaltungsrat (Der Verwaltungsrat wird von den Mitgliedern gewählt. Dieser wählt aus seiner Mitte den Vorsitzenden und dessen Stellvertreter)
Wahlausschuss (fünf feste Größen, sechs von den Mitgliedern gewählte)
Beirat (Vorwiegend die Abteilungsleiter der Abteilungen, die aus ihrer Mitte den Beiratsvorsitzenden bestimmen. Die Abteilungsleiter selbst werden von den Mitgliedern der jeweiligen Abteilung gewählt)
Ehrenrat (Wird von den Mitgliedern gewählt. Bestimmt den Ehrenratsvorsitz)
Mitglieder (Einmal im Jahr halten sowohl die Abteilungen als auch der Gesamtverein eine Mitgliederversammlung ab)
Eintracht Frankfurt e.V. ist an folgenden Gesellschaften beteiligt:
Eintracht Frankfurt Fußball AG (67,9%)
Eintracht Frankfurt Museums GmbH (50%)
Eintracht Frankfurt ProSports GmbH (100%)
Eintracht Frankfurt Liegenschaftsverwaltung GmbH (100%)
Heimatadresse des Vereins und Geschäftsstelle ist der Sportplatz am Riederwald, 1952 erstmals an jetziger Stelle in Betrieb genommen und von 2008-2010 neu gestaltet.
Die Eintracht Frankfurt Fußball AG wird durch folgende Institutionen inszeniert:
Aktionäre (67,9% Eintracht Frankfurt e.V., 28,5% Freunde der Eintracht, 3,6% Wolfgang Steubing)
Hauptversammlung (Versammlung der Aktionäre)
Aufsichtsrat (Drei Entsandte des Vereins, sechs von der Hauptversammlung gewählte Mitglieder)
Vorstand (Bestimmt durch Aufsichtsrat)
Im Wesentlichen ist die AG verantwortlich für die Finanzierung und das sportliche Abschneiden der Profimannschaft von Eintracht Frankfurt sowie deren Außendarstellung. Dafür arbeiten neben den Fußballern und dem Trainer- resp. Betreuerstab in diversen Abteilungen fest angestellte Mitarbeiter ebenso wie Mini Jobber und Praktikanten und Helfer. Heimatdresse der AG ist die Geschäftsstelle in der Arena. Die Commerzbank Arena ist nicht Eigentum der Eintracht, sie gehört der Stadt Frankfurt und wird vom Stadionbetreiber SFM verwaltet. Die Eintracht ist ebenso wie das Eintracht Frankfurt Museum Mieter in der Arena. Der Mietpreis ist abhängig von der Ligazugehörigkeit: Knapp unter neun Millionen Euro zahlt die Eintracht nach einem Schlüssel, der unter anderem die Zuschauerzahlen zugrunde legt, pro Saison als Miete für Spiele in der Arena. In der zweiten Liga wäre es höchstens die Hälfte.
Und damit kommen wir zu den Fans. Die Fans sind in unterschiedlichsten Organisationsfomen organisiert – es ist wie beim Verein resp. AG recht verwirrend, dies alles auseinander zu dröseln. Schauen wir mal, ob es ohne Sachschaden gelingt.
So sind Eintrachtfans in über 600 offiziellen Fanclubs (EFCs) organisiert. Diese werden nach Außen vom Fansprechergremium vertreten, dessen Mitglieder sich aus der alljährlichen EFC-Versammlung heraus rekrutieren. Den Status eines offiziellen Eintracht Fan Clubs erhält ein EFC nach Antrag und einjähriger Probezeit auf Vorschlag des Fansprechergremiums durch die Eintracht Frankfurt Fußball AG. Die Mindestgröße eines EFCs beträgt im Raum des RMV-Verbundes zwölf Mitglieder, darüber hinaus sieben und im Ausland fünf Mitglieder, eines Satzung ist nicht vorgeschrieben. Unabdingbar ist jedoch eine Distanzierung von Gewalt, Sexismus und Fremdenfeindlichkeit. Was dies genau ist, wird nicht näher definiert. Der einzelne EFC wird von einem von den jeweiligen Mitgliedern gewählten/bestimmten dreiköpfigen Vorstand repräsentiert. In der Regel wird dieser durch einen Präsidenten resp. Vorsitzenden vertreten. Ob und wie sich die EFCs finanzieren, bleibt ihnen überlassen.
Das Fansprechergremium vertritt die Interessen der EFCs gegenüber allen Instanzen und setzt sich aus Vertretern zusammen, die über die alljährliche Hauptversammlung der Fanclubs bestimmt werden. An dieser Versammlung nehmen in der Regel die Vorsitzenden der EFCs teil. Das Fansprechergremium finanziert sich wenn überhaupt aus Spenden der Fanclubs.
Eine mächtige Abteilung des Vereins ist die Ende 2000 gegründete Fan- und Förderabteilung, deren Mitglieder notwendigerweise Weise Vereinsmitglieder sind. Die Mitglieder der FuFA wählen aus ihren Reihen den Vorstand und den Abteilungsleiter. Alle Mitglieder der FuFA können, müssen aber nicht Mitglied in einem EFC sein. Die FuFA ist eine von derzeit 16 Vereinsabteilungen und untersteht der Vereinssatzung. Die organisatorischen Aufgaben der FuFA werden sowohl vom Vorstand als auch von festangestellten Mitarbeitern bewältigt, zu denen sich freiwillige Helfer gesellen. Die ursprüngliche Motivation der Abteilungsgründung begründete sich in der Abspaltung der Eintracht Frankfurt Fußball AG vom Hauptverein im Jahr 2000 und der Option, weiterhin Faninteressen auch innerhalb des Profifußballs durch Vereinsstrukturen vertreten zu können und artikuliert zu wissen. Gleichfalls galt und gilt ein Hauptaugenmerk der Traditionspflege. Mittlerweile ist die FuFA mit über 8400 Mitgliedern die bei Weitem mitgliederstärkste Abteilung des Vereins (Stand 01.07.2010). Sie finanziert sich über Mitgliedsbeiträge der Mitglieder und ist gemeinsam mit der Fußballabteilung Herausgeber eines eigenen Magazins für die Mitglieder, der DIVA. Die FuFa organisiert Fahrten und kümmert sich auch um den Nachwuchs.
Die Ultras sind ein freiwilliger Zusammenschluss von Eintrachtfans, deren Mitglieder sowohl in einem EFC als auch in der FuFA Mitglied sein können. Sie unterstehen eigenen Regeln und haben keinen offiziellen Status. Aufwändige Choreografien und Unternehmungen finanzieren die Ultras durch Mitgliedsbeiträge, Spenden und den Verkauf eigener Merchandiseartikel.
Wie EFC- als auch FuFA-Mitglieder bekommen Ultras vergünstigte Dauerkarten unabhängig vom Alter oder des Sozialstatus.
Die Fanbetreuung resp. Fanbeauftragten sind Angestellte der Eintracht Frankfurt Fußball AG. Hauptamtliche Fanbeauftragte sind eine der Grundvoraussetzungen für die Lizenzierung der Profivereine / AGs. Auch können zudem ehrenamtliche Fanbetreuer eingesetzt werden. Die Fanbeauftragten sind die kommunikative Schnittstelle zwischen Fans und AG. Darüber hinaus sind sie in die Planung eines Spieltages einbezogen und kümmern sich dabei in Absprache mit den Sicherheitsorganen um die Belange der Fans. Sie sind für Fans auch die direkten Ansprechpartner der AG bei Problemen.
Der Fanbeirat ist eine Einrichtung, in der die wichtigsten Vertreter der organisierten Fans gemeinsam mit der Eintracht Frankfurt Fußball AG strukturelle und tagespolitische Fanbelange thematisieren. Die Zusammensetzung des Fanbeirates besteht auf dem Papier unter Leitung der Fanbeauftragten aus jeweils zwei Vertretern aller relevanten Fangruppierungen. Das sind zur Zeit Vertreter der Fanabteilung, der Ultras und der Fanclubs. Beratend wirkt das Frankfurter Fanprojekt mit. Der Fanbeirat tagt in regelmäßigen Abständen unter Einbeziehung von Vorstand Fußball AG, Präsidium e.V. sowie ggf. Sicherheitsbeauftragten, Polizei oder anderer relevanter Gruppen.
Das Fanprojekt ist eine sozialpädagogische Instanz die sich finanziell unabhängig von der Frankfurter Eintracht um Probleme und Bildungsangebote der/für Fans kümmert. Busreisen für Jugendliche, Kommunikation auch mit problematischen Fans sowie der Betrieb des Fanhauses Louisa und die Förderung von Fan-Initiativen gehören zu den vorrangigsten Aufgaben. Das Fanprojekt engagiert sich für Toleranz, Gewaltfreiheit und Kreativität und unterstützt dabei die Fanszene.
Dazu kommen noch unzählige unabhängige Fans, die Woche für Woche in der ganzen Welt mit der Eintracht mitfiebern ob im Stadion, vorm Fernseher, dem Radio oder im Internet. Erscheinungsformen sind bspw die unabhängige Fanzeitung Fan geht vor, die seit 1991 regelmäßig die Eintracht lustvoll-kritisch unter die Lupe nimmt oder die unabhängige Radiosendung FanOmania, die sich wöchentlich auf dem freien Sender radioX aktueller Problematiken und Geschichten annimmt. Großen Zulauf erfreut sich die Bembelbar, die seit mehreren Jahren bei Heim- als auch bei ausgewählten Auswärtsspielen die Fans der Eintracht an wechselnden Orten mit Musik erfreut und nach Spielende als Anlaufstelle dient.
Es gibt unzählige Internetauftritte und Blogs von Eintrachtfans und als besonderes Bonbon ein privat betriebenes Online Archiv, das sich zum Ziel gesetzt hat, die Eintrachthistorie lückenlos zu dokumentieren.
Ich hoffe, ihr habt einen kleinen Überblick bekommen, wie sich das Gebilde Eintracht Frankfurt zusammensetzt. Sollten sich Fehler eingeschlichen haben, falsche Zahlen oder Befugnisse genannt worden sein oder Links nicht funktionieren, so scheut euch nicht, dies zu kommentieren. Die Zusammenfassung erfolgte nach bestem Wissen und Gewissen und dient einzig dem Versuch, das Gefüge der Eintracht verständlich zu machen.
Nachtrag: Das größte virtuelle Sammelbecken, in dem die Eintrachtfans die Möglichkeit zur Diskussion ausleben können, ist das Eintracht-Forum. Es wurde von den Eintrachtfans Andy Klünder und Matthias Scheurer ersonnen und dem damaligen Verein geschenkt; heute wird es von der AG organisatorisch verwaltet. Für Recht und Ordnung sorgen ehrenamtliche Moderatoren, die sich traditionell zuvor als User betätigt haben.
Das ist mal hilfreich. Merci, Beve.
Wow! Echt klasse!
Danke für die Mühe!
Das hat grade noch gefehlt ,-)
Aber im Ernst: Es HAT gefehlt! Vielen Dank!
bitteschön :-)
Danke für die Ausarbeitung!
würde in die reihe der kinderbücher „was ist was“ passen. aber für erwachsene, bzw. für fans.
danke für die arbeit. vieles wird doch immer wieder durcheinander gebracht.
@pia – ich glaube ja, das viele Leute relativ genau wissen, wie sich die Situation bei der Eintracht darstellt. Manchmal macht es aber Diskussionen deutlich einfacher, wenn man bestimmte Rahmenbedingungen einfach mal außer acht lässt und so tut, als ob es bestimmte Teile des Gesamtkunstwerkes nicht gibt, bzw. bestimmte Einflußfaktoren dann doch andere sind. Zusätzlich würde ich anmerken, dass die organisatorischen und legalen Grenzen zwischen den einzelnen Teilen sehr wohl existieren, aber im Zweifel durchaus an der ein oder anderen Stelle sehr porös sein können.
Was passiert eigentlich wenn die Mitgliederversammlung den vorgeschlagenen Präsidenten nicht wählt, bzw. wozu ist diese „Wahl“ überhaupt gut wenn ich nix zu wählen habe?
Klingt irgendwie nach dem XXten Parteitag der KPDSU der völlig überraschend den einzigen Kandidaten mit 99,5% bestätigt.
Auch auf die Gefahr profan zu wirken: Du bist Eintracht! Danke, Beve!
Viele Grüße & weiterhin sichere Straßen, Fritsch.
hey fritsch,ich bin der beve, das reicht :-)
schnellinger, keine ahnung was passiert, wenn der kandidat nicht gewählt wird, das kam bislang nicht vor :-)
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