Ein Sammelsurium aus dem angebrochenen Leben

Elend: Seit acht Toren kein Spiel mehr erzielt

Es geschah am elften Spieltag der Saison 2010/11. Die Eintracht besiegte den VFL Wolfsburg mit 3:1 und schob sich auf den vierten Tabellenplatz, schielte nach Europa. Seither hat sie in der Liga folgende Ergebnisse erzielt :

0:0; 0:4,1:4; 2:1; 0:1; 1:0. 0:3, 0:1, 0:1; 0:0; 0:3; 0:3; 0:2, 0:0

9 von 42 möglichen Punkten auf der Habenseite; 4:23 Tore lautet die deaströse Bilanz in den folgenden 14 Spielen. In elf Partien davon keinen eigenen Treffer erzielt. Und jetzt auch noch das:

Der Hessische Rundfunk also.

Noch am Morgen vor dem Spiel gegen Kaiserslautern schien alles nach Plan zu laufen; Hunderte von Eintrachtfans trafen sich an der Alten Oper zwecks Gruppenbild, es leuchtete, es rauchte, es böllerte und als die Fotos im Kasten waren, marschierten die meisten Richtung Stadion – alle naslang explodierte ein Böller und wies so den Nachzüglern den Weg. Noch waren sie guter Dinge, die Fans der Eintracht.

Vor Ort im Stadion waren die Einlasskontrollen strenger als gewohnt, wie so oft wird Sicherheit vorgegaukelt, wo keine sein kann –  später während des Spiels entzündeten die Fans aus Lautern wenig überraschend Bengalos und Rauch. Ob und wieviel im Stadion gezündelt wird, liegt nicht an den Sicherheitskontrollen, sondern einzig und alleine am Willen derer, die Bock auf Pyro haben. Und solange ein derartiges Theater darum gemacht wird, solange wird Pyrotechnik von den Befürwortern glorifiziert und eben als Akt aktiven Widerstandes bei bestimmten Anlässen ins Stadion gebracht, das ist so sicher, wie das Amen in der Kirche. Umso alberner wirken Kontrollen .

Während draußen Hunderte Eintrachtfans seitens der Polizei eingekesselt und abfotografiert wurden, bereiteten andere eine Chreographie vor, die sich gewaschen hatte – Eine schwarzweiß gestreifte Blockfahne wurde über die gesamte Kurve gezogen, an der Plexiabsperrung im Oberrang prangte zudem ein Banner mit der Aufschrift Nordwestkurve Sportgemeinde Eintracht Frankfurt. Nach dem Einrollen der Blockfahne zeigte sich die  Kurve geschlossen in Rotschwarzweiß und einem Banner im Mittelrang: Wir werden euch den Teufel schon austreiben. Muss klasse ausgesehen haben, ich selbst stand ja mittendrin.

Damit wären auch schon die Höhepunkte des Spiels erzählt, bemerkenswert noch, wie sich die Fans aufrafften, das komplette Spiel hinweg zu supporten – angesichts der nichtsnutzigen Leistungen beider Team wäre eisiges Schweigen vielleicht angebrachter gewesen – aber man will sich ja nicht nachsagen lassen, man hätte nicht alles getan, um nicht abzusteigen. Obwohl mit: Wir steigen ab – und die hüppen hatte Pia während des Spiels nicht so ganz unrecht. Auf der anderen Seite ist es grandios, was die bösen Buben des Fußballs bewerkstelligen

Der Trainer hatte auf die Torflaute der letzten Monate reagiert und veränderte – nichts. Gekas winkte vorne, der Rest kickte den Ball zu Fährmann, der die Kugel nach vorne drosch. Bester Eintrachtler war Lauterns Stürmer Lakic, der das Kunststück fertig brachte, den Ball nahezu freistehend vor dem leeren Tor an selbigen vorbei zu haspeln. Soll man ihm dafür dankbar sein, dass die Eintracht dadurch vielleicht einen lebenswichtigen Punkt geholt hat – oder soll man sich ärgern, dass eine Niederlage vielleicht doch die längst  fällige letzte Konsequenz nach sich gezogen hätte? Keine Ahnung. Die Liste der individuellen Fehler ist lang – und doch erklärt sie nicht, den völlig rätselhaften Niedergang der Eintracht, die nach der Hinrunde 26 Punkte verzeichnen konnte und nun willenlos der zweiten Liga entgegentaumelt.

Bezeichnend ist eine Szene, in der Marco Russ nach einer Abwehr von Lauterns Torhüter Sippel statt den Kopf hin zu halten den Schädel einzieht – und somit keinerlei Gefahr für das gegnerische Tor herauf beschwört. Es wäre eine Chance gewesen, bei der zweiten hatte Alex Meier Pech, als eine mit der Brust wundervoll angenommene Hereingabe nur knapp über die Latte streichte. Es sollte die beste Möglichkeit der Eintracht bleiben, deren Trainer den ehemaligen Kapitän Amanatidis erst spät und dann überraschendweise für Rode brachte, der bis dato immerhin in Bewegung war. Das gesamte Spiel war ein Armutszeugnis – für die Akteure auf dem Platz – aber auch für den Trainer, dem es nicht gelang, taktisch zu reagieren. Nun muss er gegen  Schalke den Bock umstoßen. Und es stellt sich die Frage, weshalb nach der desaströsen Leistung gegen Kaiserslautern gegen Schalke irgend etwas besser laufen soll. Das Spiel war eine Bankrotterklärung und wer in verantwortlicher Stelle danach nichts verändert, nimmt einen Abstieg sehenden Auges in Kauf. Diese Mannschaft ist tot, daran ändert auch ein optionaler Punktgewinn in Gelsenkirchen nichts – an den niemand so recht glauben mag, zu deprimierend der Auftritt der Adler. Binnen acht Spielen scheint Eintracht Frankfurt alles zu verspielen, was unter der jetzigen Führung in sieben Jahren aufgebaut wurde. Ein neuntes Spiel unter den gleichen Bedingungen braucht niemand. Was soll nach dem Spiel in Gelsenkirchen in dieser Mannschaft sich bessern? Nach einem geheimen Trainingslager, welches so derart geheim war, dass noch vor Aufbruch der Mannschaft jeder wusste, wo es hingehen wird; ein Trainingslager welches im Ergebnis nahezu das schlechteste Spiel einer Eintracht seit dem 2:3 gegen Oldenburg vor knapp 15 Jahren nach sich zog. Einer Eintracht  deren Etat mit einem Defizit in Millionenhöhe kokettiert – und im Ergebnis die teuerste Mannschaft aller Zeiten  präsentiert, finanziert nicht zuletzt über kürzlich erhöhte Eintrittspreise. Und diese Eintracht ist die erfolgloseste Eintracht aller Zeiten – acht Spiele ohne Tor, das gabs noch nie. Und erst recht nicht einen Trainer, der dies sportlich überlebt hat.

14 Kommentare

  1. daniel

    es muss etwas passieren bevor es zu spät ist. vor allem das immer gleiche gebabbel kann ich nicht mehr hören.
    es gibt nichts zu beschönigen.

  2. pia

    „Bei seiner Auswechslung in der 84. Minute verweigerte er Co-Trainer Edwin Boekamp gar den Handschlag, zehn Minuten nach dem Abpfiff verließ er schon frisch geduscht die Arena.“
    schreibt die rundschau über gekas.

    „Dann stiefelte der 29 Jahre alte Grieche, noch in Trainingsjacke und kurzen Hosen, dem Vernehmen nach in die Vorstandsloge, um seinem Ärger auch an oberster Stelle Luft zu machen. Amanatidis außer Rand und Band. Immerhin scheint da einer den Ernst der Lage begriffen zu haben und auch gewillt zu sein, etwas an der schlimmsten Krise seit dem ersten Abstieg 1996 zu ändern.“
    schreibt die rundschau über amanatidis.

    daniel, du schreibst, es muss etwas passieren bevor es zu spät ist. eigentlich ist es schon zu spät. auf eine woche weiteres gebabbel hab ich auch keinen bock mehr.

  3. Yogi

    Normalerweise wären wir wohl schon abgestiegen, nur das 26 Punkte Polster
    der Hinrunde hält unsere Hoffnung auf die Wende noch aufrecht.
    Vergeblich hatte ich gestern auf eine Pressemitteilung gewartet, denn anderst wie nach dem Stuttgart Spiel muss man leider sagen das die
    Mannschaft tot ist.
    Wieso wird nochmals eine Woche gewartet bis der fällige Wechsel folgt?
    Ich halte es für absolut nötig das der neue, wer immer es auch sein mag, die 2 Wochen Zeit hat bis zum Heimspiel gegen Pauli.
    Entgegen aller Expertenmeinungen halte ich meinen „Capitano“ immer noch für sehr wichtig, obwohl wie zurecht geschrieben er zuletzt in seinen Kurzeinsätzen auch nicht sehr viel bewegen konnte.

  4. Bembelmonster

    Ich leide wie ein kranker, alter Hund.

    <>

    Make my Day! Frääänk

  5. Bembelmonster

    Frankfurter Frohsinn.
    Formstärkstes BL-Team: 16 Punkte aus den letzten 6 Spielen.
    7 Pflichtspiele in Folge ungeschlagen (6 davon gewonnen).
    Zuletzt vor 17 Jahren mehr Punkte nach 11 BL-Spielen.

  6. rotundschwarz

    Muhaha. Da ist sie ja also doch noch, die Pointe. Helau aus Mainz…

  7. HolgerM

    Ich kanns gar nicht in Worte fassen, was hier passiert. Schon seit Wochen taumeln wir hilflos der 2. Liga entgegen und es passiert — nichts.
    Der ÜL verbreitet Durchhalteparolen, die Spieler ebenso, die Fans singen und hüpfen, die „normalen“ Zuschauer schütteln fassungslos mit dem Kopf und der Vorstand incl. Aufsichtsrat scheint völlig paralysiert zu sein.

    Vollkommen irreale Stimmung rund um meine Eintracht. Und das Schlimmste an der Sache: Mir geht es auch nicht anders..

    Gruss Holger

  8. Holz

    Ich stelle mir seit Samstag die Frage -ohne eine Antwort für mich zu finden- ob es besser wäre Skippe sofort frei zu stellen oder doch noch das Schalke Spiel abzuwarten. Ich könnte auch fragen: ist es für einen neuen Trainer besser zwei Wochen Zeit bis zum Spiel gegen Pauli zu haben, dafür aber gleich eine Niederlage gegen Schalke zu fressen oder lieber völlig unbelastet eine Woche Zeit der Vorbereitung auf St.Pauli.
    Alternativen zu diesen beiden Szenarien gibt es meines Erachtens nicht. Mit Skippe steigen wir sang und klanglos ab. Ein neuer Hütchenaufsteller würde vielleicht noch etwas bewegen könnne. Obwohl ich auch darauf den Inhalt meiner Omas Strickstrumpf nicht wetten würde.

  9. Sebastian

    Die Eintracht steht nach dem letzten Spieltag direkt am Abgrund. Der Trainer ist meiner Meinung nach nicht mehr zu halten. Es sei denn, die SGE gewinnt gegen Schalke deutlich und durch spielerische Mittel. Davon ist Stand heute jedoch nicht auszugehen.

  10. Kid

    Was singt Joachim Witt im Song „Kosmetik“? „Ach, wär das schön, wenn’s so wäre.“ Yep.

  11. admin

    irgendwie kann das alles doch nicht wahr sein. danke für eure anmerkungen, möge das leiden bald ein ende haben.

    viele grüße

    beve

  12. Andi

    wie interpretiert ihr, die ihr „näher dran“ seiT, denn das Verhalten von Gekas? Hat er sich über die Tatsache geärgert, daß er da vorne (schon wieder) alleine gelassen wird, die späte Einwechselung von Ama oder über was sonst?
    ich bin verwirrt und bitte um Aufklärung(-sversuche)

  13. pia

    @andi

    näher dran, was heißt das schon!? ich hab zu der mannschaft keinerlei bezug, auch wenn ich durch die museumsarbeit das ein oder andere training am rande mitbekomme. ich persönlich denke, dass es um den teamgeist nicht so gut bestellt ist.

    zu gekas hat die faz heute eine interessante einschätzung geliefert:
    „Offenbar ist auch keiner in der Lage, dem Einzelgängertum Einhalt zu gebieten – wenn es der Trainer schon nicht tut. Theofanis Gekas etwa ist, wohlwollend formuliert, eine Ich-AG innerhalb der Eintracht und, weniger wohlwollend, ein Legionär, der in freiwilliger Isolation lebt. Auch das wird nachgesehen, wenn er regelmäßig ins Tor trifft. Aber es ist in jeder Lage schlechter Stil und unpassend für eine Mannschaftssportart.“

    ama ist für mich auch ne ich-ag, aber auf andere art. (siehe weiter oben die von mir zitierten aussagen über die verhaltensweisen der spieler nach dem spiel) wobei ich ama das immer noch abnehme, dass ihm sehr viel am wohl der eintracht liegt. das gefühl habe ich bei gekas nicht. das habe ich aber auch bei einigen anderen nicht.

    p.s. wann sieht man dich mal wieder :-)!?

  14. Andi

    Pia, wie heisst es so schön:
    every given sunday!
    Oder halt im Museum oder beim Training ;-)

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