And the devil in the black dress watches over
My guardian angel walks away
Life is short and love is always over in the morning
Black wind come carry me far away …
The Sisters of Mercy. Drei Alben, einige Singles, die zusammen mit der Neuauflage von Temple of Love (gesungen gemeinsam mit der 2000 verstorbenen Ofra Haza) auf dem Doppelabum Some girls wander by mistake veröffentlicht wurden, dazu einige Songs, die nur auf dubiosen Bootlegs erhältlich sind, das war’s. Das Oevre der barmherzigen Schwestern ist wahrlich überschaubar.
Letztlich bestehen The Sisters of Mercy seit jeher ohnehin nur aus Mastermind Andrew Eldritch, der es mit wechselnden Musiker/innen und Drumcomputer Doktor Avalanche – man kann es nicht anders sagen -, zur Legende gebracht hat. Auf jeder besseren Fete lief Temple of Love, die Singles, später die Alben wurden seinerzeit mit großen Augen und offenen Ohren erwartet. Die Sisters waren Ende der 80er cool. Keine Frage. Und The Mission kamen nie an sie heran. Einmal habe ich im Dreikönigskeller aufgelegt, mein halbes Set bestand aus Songs der Sisters of Mercy. Damals habe ich übrigens meine Single This house is a house of trouble von Sally Timms und Marc Almond liegen lassen. Sollte sie jemand gefunden haben, meldet euch bitte.
Ich habe die Sisters einmal live gesehen, 1993 in der Festhalle – und meine Erinnerungen sind, sagen wir: vernebelt. Was auch daran liegen mag, dass die Bühne in rotes Licht getaucht war und die Nebelmaschine unablässig Rauch in die Halle blies. Damals spielte sie meines Wissens weder Marian noch Temple of love, was ich den Schwestern durchaus übel nahm. Davor traten die Ramones auf. Die Festhalle aber war bei Weitem nicht ausverkauft, kaum zu glauben, da auch noch Monster Magnet sowie La Costa Rasa das Line Up vervollständigten. Type-O-Negative wurden zwar angekündigt, blieben dem Spektakel aber fern.
Ziemlich genau 30 Jahre später, von den ursprünglichen Ramones, die sich 1996 auflösten, lebt heute niemand mehr, traten die Sisters of Mercy im Wiesbadener Schlachthof auf. Es war der Tag des Schneewetters, kleinere Katastrophen wurden angekündigt – blieben aber weitestgehend aus. Sieht man einmal vom Auftritt der Sisters ab.
Wie schon 1993 die Festhalle, so war auch 2024 der Schlachthof längst nicht ausverkauft – oder die Gäste blieben irgendwo in Deutschland im Schnee hängen. Wie auch immer, die Halle bot genügend Platz, auch für die Vorband, die Virginmarys. Zwei Jungs, die mit Gitarre, Schlagzeug und rauem Gesang Spaß hatten, Lärm zu produzieren und dies durchaus gefällig darboten.
Nach 45 Minuten war Schluss, dann folgte der Umbau, ein ellenlanges Intro und ein Taschenlampenstrahl, der den Sisters of Mercy den Weg wies. Nebel blieb diesmal aus, drei Musiker, zwei Gitarristen und Eldritch mit Glatze und Sonnenbrille betraten die Bühne, dazu ein Mann welcher die Technik bedienen sollte, wozu neben den Drums auch der Bass gehörte, den man auf der Bühne vergeblich suchte. Einer der Gitarristen, Ben Christo, unterstützt Eldritch seit 2006, der andere, Kai, ist seit vergangenem Jahr dabei.
Sie hatte sichtlich Spaß an ihrem Auftritt – und musikalisch erkannte man die Songs sogar, zunächst Dr. Jeep, dann Detonation Boulevard. Und womöglich wäre es besser gewesen, einer von ihnen hätte auch gesungen. Denn die Aufführung Eldritchs, die Töne und der Habitus waren, milde gesagt, gewöhnungsbedürftig, anders formuliert: Eine Frechheit. Zumindest für diejenigen, die über 40 Euro Eintritt hingelegt hatten. Gekrächzte Töne, mit großer Geste herausgewürgt – es war ein Fest für jeden Comictexter – und auch für einen Comiczeichner, der aus dem Bühnenlicht, der Glatze und der Sonnenbrille durchaus Inspiration hätte ziehen können. Auf Ansprache und Kommunikation mit dem Publikum wurde nahezu gänzlich verzichtet – kurz, es war die Karikatur eines Auftritts. Die Fans, zwischen Gothic-Outfit und Iron-Maiden-Metalkutten, viele leicht bis mittelschwer angegraut – manch einer durchaus in der biederen Mittelmäßigkeit der Bürgerlichkeit angekommen -, wippten mehr oder minder lustlos vor sich hin, nur wer den unbedingten Willen zum Tanzen aufbrachte, schwofte hie und da – wenn er oder auch sie nicht vorher schon jegliche Hoffnung aufgegeben hatte. Sobald Eldritch das Mikro hob, gab es auch allen Grund sich der Hoffnungslosigkeit ohne wenn und aber hinzugeben. Sie spielten Marian, sie spielten Temple of love – aber da sprang kein Funke über, da war nur ein gequältes Lachen nicht nur meinerseits. Ich war noch nicht mal sauer, ich bewunderte sogar die Chuzpe, mit dieser auch gänzlich humorbefreiteb Darbietung auf eine Bühne zu gehen und den zahlenden Fans gefühlt den Mittelfinger entgegen zu strecken und sich dafür feiern zu lassen – und konnte mir final ein Grinsen nicht verkneifen.
Eines war klar, wir werden unsere S-Bahn von Wiesbaden nach Frankfurt auf jeden Fall pünktlich erreichen – wahrscheinlich sogar früher als geplant. Die Setlist enthielt einige Klassiker wie More oder Alice; Dominion oder I was wrong, einige der gespielten Songs sind aber auch nie auf regulären Alben erschienen – was aber letztlich auch völlig egal war. Nach einer guten Stunde war Schluss – bis auf die unvermeidliche Zugabe, die tatsächlich zaghaft gefordert wurde. Lucretia und This Corrosion. Eigentlich zwei Gründe zur Freude, doch es blieb karikaturesk. Kein einziger Song stach aus der Menge heraus, oder mit anderen Worten: Ich hatte soeben das schlechteste Konzert meines Lebens gesehen. Und ich habe viele Bands erlebt. Sogar Chris de Burgh.
Mit einer durchaus heiteren Fassungslosigkeit wanderten wir zurück zum Wiesbadener Hauptbahnhof und rollten durch die eisige Dunkelheit zurück nach Frankfurt. Natürlich verpassten wir die Straßenbahn an der Konsti um eine Minute. Es kam aber eine nächste, es geht ja immer weiter. Nur für ein Konzert von The Sisters of Mercy werde ich mir keine Karte mehr kaufen, soviel ist sicher.
In illusion comfort lies – The safest way the straight and narrow – No confusion no surprise (Alice)
Das Beitragsbild machte übrigens Pia. Mir fehlte der Nerv.
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