Ein Sammelsurium aus dem angebrochenen Leben

Neulich beim Mannschaftsabend

Eintracht Frankfurt geht am Stock, wochenlang deprimierende Ergebnisse drücken auf die Stimmung. Was macht man in solchen Situationen? Genau, man trifft sich ohne Trainer und Vorstand in einer Wirtschaft, verdrückt sich in ein Hinterzimmer und sagt dem Wirt, dass er solange Getränkenachschub liefern soll, solange noch einer steht. Teambuilding. Wir haben exklusiv davon erfahren und uns unerkannt unter die Mannschaft geschmuggelt – die sich heimlich in Niederursel in der Wirtschaft „Zum Lahmen Esel“ zwecks Aussprache getroffen hat.

Während Mannschaftskapitän Alex Meier mit einer Saftschorle in der Hand zu einer flammenden Rede ansetzen will (die Heribert Bruchhagen mit leichter Hand vorformuliert hat), wird er von Slobodan Medojevic aus Versehen geschubst, der sich mit großer Geste bei der Mannschaft entschuldigt. In einer Ecke sitzt Carlos Zambrano, umgeben von Räucherstäbchen und zitiert leise aus Buddhas Reden: „Er ist nun Pilger geworden und hat die Ordenspflichten der Mönche auf sich genommen. … Lüge hat er verworfen, von Lüge hält er sich fern: die Wahrheit spricht er, der Wahrheit ist er ergeben. … Eintracht macht ihn froh, Eintracht freut ihn, Eintracht beglückt ihn, Eintracht fördernde Worte spricht er.“ Am Tisch weiter hinten sitzen Luca Waldschmidt, Joel Gerezgiher und Nico Rinderknecht bei einem Erdbeerkaba und starren auf ein Handy. Hey Luca, guck mal, Heidi war ja auch in Frankfurt. Alex Meier, der sich wieder etwas erholt hat, streichelt gedankenverloren seine Torjägerkanone und blickt der Situation angemessen etwas traurig in die Runde, ehe er von Bastian Oczipka leise gefragt wird, ob er zufällig die Handynummer von Joachim Löw hat. Frag mal den Sebastian, der müsste sie noch von früher haben. Während Haris Seferovic vor Lachen in seinen Gin Tonic prustet, schickt ihm Marco Russ die Nummer via SMS. Oczipkas Handy piepst. Er blickt auf den Bildschirm und liest: Nachricht von Unbekannt. Aber der Text lässt ihn hellhörig werden: Nummer Jogi: 0170 –  12345. Da der Rest der Truppe sowieso gerade mehr oder minder schweigsam eine Suppe auslöffelt, nutzt Basti die Gelegenheit und ruft die Nummer an. Nach mehrmaligem Klingeln meldet sich eine Stimme am Apparat: Grabowski? Vor Schreck murmelt Oczipka etwas von verwählt und sorry und legt sofort wieder auf. Hey Jungs, kennt einer von euch einen „Grabowski“? ruft er in die Runde. Erstaunte Blicke, Kopfschütteln. Ne, nie gehört wispert Stefan Aigner. Hey Immerspieler, kennst du einen Grabowski? ruft Oczipka. Marco, der alleine am Tisch sitzt, errötet. Äh, ja, ist son Vollexperte, der in den Zwanzigern mal für die Eintracht gekickt hat. Wieso? Das geht dich n Scheißdreck an, Immerspieler, ruft der sichtlich angetrunkene Seferovic und schickt Gacinovic sowie Gerezgiher, um ein Runde Schnaps für sich und Lukas Hradecky zu ordern. Die beiden gehen raus.

Gacinovic: Herr Ober, zwei Kurze.

Ober: Das sehe ich. Jungs, was wollt ihr trinken?

Gacinovic: Äh, ich frag mal nach …

Stefan Reinartz, der direkt aus Köln gekommen ist, hat einen Stapel Bücher neben sich liegen und blättert gelangweilt in einem davon. Hey Freunde, kennt einer von euch „Die Entdeckung der Langsamkeit“? Jo, hat die Nummer sieben und kickt für die Eintracht antwortet Hasebe, der sich einen bösen Blick einfängt. Wat willst du jetzt, Unicef Botschafter? Erst mit Nürnberg absteigen und jetzt einen auf große Fresse. Geht mal gar nicht – Lern erstmal Verteidiger du Reislutscher. Djakpa wirft derweil ungerührt mit Pommes nach Kinsombi und grinst über alle Backen. Marc Stendera wird es langsam zu bunt. Hey Captain, mach was, es ist dein Job, hier mal Klartext zu reden. Alex guckt traurig auf. Ach, das bringt doch alles nichts, wir müssen alle weiter nur trainieren. Alle rufen zeitgleich: Langweiliiiiiiig.

Djakpa, der immer noch grinst, steht plötzlich auf. Wer bin ich? ruft er gutgelaunt in den Raum: Isch bin obbdimssdisch, dass des klabbe due dut. Die Frisur tönt es aus alle Mündern. Djakpa: Bingo und jetzt? Er streckt seinen Hintern raus und wackelt durch den Raum. Alle lachen. Bis auf Chandler.

Seferovic lehnt mittlerweile mit glasigen Augen an der Wand. Hey Frankfurt, was geht? Ischbinheißwiefriddefett, die machemerplatt. Die scheiß Darmstädter. Der Cocktail is abber geil. Stendera stumpt ihn an: Hey, Luftbumb, erstens spielen wir gegen Bremen und zweitens ist das kein Cocktail, sondern das Glas mit dem Goldfisch. Sefe wirkt ungehalten: Was willst denn du du Minisalafist? Ignjovski kichert. Abraham dreht sich um. Und wer sind sie jetzt?

Während Rinderknecht um zehn Uhr von seiner Mutter abgeholt wird, erwacht Stefan Aigner zu neuem Leben. Wisst ihr noch, wie wir letztes Jahr aufschreiben sollten, dass wir der Presse nix gesteckt haben? Ich hab dem Schaaf n Pimmel hingemalt. Marco Russ blickt auf. Ach du warst das. Ich hab gesagt, dass du gesagt hast, dass der Schaaf ne Luftnummer ist. Stimmt doch, oder? Dreggsack. Aigner und Seferovic binden Russ auf einen Stuhl und schneiden ihm den Zopf ab. Während es Meier zu blöde wird und er auf dem Parkplatz Freistöße trainiert, spielen Waldschmidt, Gerezgiher und Gacinovic vergnügt Fangen. Meier blickt auf. Aber nur ne dreiviertel Stunde Jungs, ihr kennt das ja – sonst holt ihr euch wieder ne Erkältung.

Drinnen geht es mittlerweile hoch her. Reinartz erinnert sich in kleiner Runde, wie er dem Trainer einst eine Jacke vom Sperrmüll untergeschoben hatte – Isch hann ihm jesacht, die is aus Frankreich und der Trottel zieht sie auch noch an prustet er bei einem Apfelwein-Red Bull während sich Oczipka beömmelt, wie er sich die taktischen Vorgaben vor dem Spiel gegen Darmstadt angehört hatte. Und wenn der Heller aufs Klo geht, gehst mit. Ich so: klar Scheff. Er so: Prima. Ich so Finger hinterm Rücken gekreuzt. Und alle dann so: Hände-schüt-teln, mit Dirk Schuster, ja das ist ein guter Mann. Seferovic wankt zu Hradecky. Hey samma Finne, du kannst doch englisch? Ja, warum. Och, nur so.

Hey Bärchen, mach mal ne Runde Sliwowitz klar, geht auf die gelb-rote, kannste ja auf den Deckel vom Johannes schreiben. Seferovic ist voll in seinem Element und kramt aus seinem Alex-Meier-Turnbeutel ein Trikot von Newcastle hervor. 20 Öcken bei Ebay, cool oder? Stendera probiert es heimlich an und fragt Meier: Steht mir doch ganz gut, oder? Jo, schlabbert nur ein bisschen am Knöchel. Kinsombi hat derweil mit Lumumba über die Stränge geschlagen und in einen Blumenkasten gekotzt, Aigner nimmt ihn zur Seite: Hey Auba, egal was passiert: Du bist nicht schuld. Castaignos fällt vor Lachen die Tüte aus der Hand.

Plötzlich kommt der Wirt rein: Hier Männer, die Rundschau von Morgen. Alle stecken gespannt die Köpfe zusammen, Haris will vorlesen. Gerezgiher stuppst ihm in die Seite: Du musst die Zeitung anders herum halten. Hradecky nimmt sie ihm aus der Hand. Er liest: Sportdrektor Hübner will in der Winterpause den Resetknopf drücken und den Kader verstärken. Ein neuer Innenverteidger soll her. Chandler und Ignjovski klatschen sich spontan ab, während Russ, Reinartz, Abraham, Kinsombi und Zambrano unisono ihre Berater anrufen. Aigner ruft: Jetzt noch ein neuer Torwart und wir drehen voll auf. Gelächter. Hradecky liest weiter: Jobgarantie für Trainer Armin Veh. Der Torwart blickt auf Vaclav, der den ganzen Abend still in der Ecke gesessen hat: Hey Jammerlappen, n Hunni, wenn du den Trainer morgen fragst, wo eigentlich dieses Manchester liegt.

Wieder geht die Tür auf. Ein junger Mann kommt rein. Gibts bei euch noch was zu trinken? Klar Sebi, komm rein. Djakpa kramt in seiner Tasche und holt den aktuellen Spielball der Liga raus: Weißt du eigentlich, was das ist? Arschloch. Verdient der Rode eigentlich mehr als du? Arschloch. Paris und Championleague, wäre das nix für dich? Arschloch. Was machtn eigentlich der Paddy so? Och dem geht’s ganz gut, spielt halt nur nicht … …. Arschloch.

Mittlerweile ist es spät geworden, Wortfetzen klingen durch den Raum. Hey Wirt, noch n 12er Bembel. Jou. Und eine Flasche Wasser. Geht klar Alex. Kommste mit ins Kino? Was fürn Film? Titanic 2. Mach mal einer Musik. Was willsten hören? Talking Heads. Psycho Killer? Ne, road to nowhere. Was ist grün und stinkt nach Fisch. Und ich so. Und er so. Jobgarantie. Brüller.

17 Kommentare

  1. Simone

    Ich kann net mehr.
    Erdebeerkaba… Buddha…de Djakpa…Arschloch-Dreggsack…

    Großes Kino. Wenigstens lache könne mer noch.

    Danke Beve, für diesen Riesenspaß

    Giggelnde Grüße
    Simone

    • Beve

      Grinsen bei der SGE. Kennt man ja so gar nicht mehr :-)

      • Micha

        Doch: Hier und bei Henni’s Eintracht EKG ;-)

  2. Pia

    Ich weiß genau, woher die Idee mit dem Erdbeerkaba kam … :-)))

    • Beve

      :-)))))

  3. Andy

    Weltklasse !!!‘
    Ich ruf gleich mal den Leo Fischer von Titanic an, ob Du nicht dort eine Kolumne bekommst…,
    Postillion war gestern – heute ist Erdbeerkaba das non plus ultra

  4. Beve

    läuft :-)

  5. neeko

    Hihihi.

  6. DA

    Großartig.

  7. Alibamboo

    Sehr schön.

    Allerdings: „Apfelwein-Red Bull“ – auch Satire darf nicht alles! ^^

    • Beve

      :-)

  8. Alibamboo

    Wobei ich ja noch ein „Sauf, XYZ, sauf!“ erwartet hatte, so im Hinterzimmer.

  9. sgeHorst

    Wunderbar, hihi

    • wib

      Danke…..
      Wenigstens ebbes, dass ich mit Vergnügen lesen konnte.

  10. Wahrer Bembel

    Endlisch ma e schee Gebabbel.
    Ich dachte nicht, dass ich noch mal über die Eintracht in dieser Saison lachen kann. Danke, tut ganz gut bei der ganzen Scheiße zur Zeit

  11. Wahrer Bembel

    Gibts den lahmen Esel eigentlich noch?? Da war ich seit 30 Jahren nicht mehr.

  12. vatmier

    Danke Beve. Heute bin ich endlich mal zum lesen gekommen. Endlich wieder etwas erfreuliches zum Verein meines Herzens.

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