Sie sprechen kaum deutsch, lungern abends in Gruppen auf der Straße herum, waren zum Teil kriminell und sind latent gewaltbereit. Und es werden immer mehr, sie fordern mehr als ihnen zusteht und lassen sich auch von wohlwollenden Mahnungen nicht abhalten. Die Rede ist von Pegida, einer Bewegung, die in Dresden Montäglich Tausende auf die Straße zieht, um gegen was genau eigentlich zu demonstrieren?
Irgendwas mit Ausländern könnte man sagen. Eigentlich heißt Pegida: „Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“. So ganz klammheimlich mögen sie aber auch die Asylsuchenden nicht. Wahrscheinlich mögen sie gar keine Ausländer, zumindest nicht die, die fremd sind. Außer Dänen vielleicht. Oder Iren. Sie halten Schilder hoch, dort steht: Wir sind Anwohner und keine Nazis. Sicher. Anwohner und Nazi schließt sich per se aus. Wer Anwohner ist, kann kein Nazi sein, das war schon früher so. Die NPD hat sich bislang aber noch nicht von „Anwohnern“ distanziert.
Jetzt ist das mit dem Islam so eine Sache. Während der eine zuhause brav vor sich hinglaubt, schneidet der andere Köpfe ab. Da wird die christliche Nächstenliebe arg strapaziert, das ist nachvollziehbar. Und da die braven Dresdner ja nicht mirnichtsdirnichts in den bewaffneten Kampf gegen den IS ziehen wollen, das wäre ja auch recht gefährlich, so wendet man sich gegen die Asylanten, also die, die Angst davor haben, den Kopf abgeschnitten zu bekommen. Weil die sind ja kriminell. Und sie passen nicht in unsere Kultur. Gut, unsere Kultur heißt in Dresden 12 Jahre Nationalsozialismus und dann 44 Jahre Stasi, da muss man sich erst mal anpassen, das ist auch nicht jedem gegeben. Es ist unsere Leitkultur. Mit anderen Worten, wer kriminell ist, gehört abgeschoben. Wer möchte schon in der Nähe von Menschen zusammenwohnen, bei denen Einbrüche, Drogen oder Strafentziehung an der Tagesordnung sind. Wie bei Anwohner Lutz Bachmann, dem Organisator von Pegida. Wegen Auftrags-Einbrüchen für das damalige Dresdner Rotlichtmilieu sei Bachmann Mitte der 1990er Jahre zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt worden, berichtete die Dresdner Lokalausgabe der „Bild“-Zeitung kürzlich, 1997 sei er nach Südafrika geflüchtet und habe sich erst 2000 der deutschen Justiz gestellt. Vor fünf Jahren habe er zudem eine Bewährungs-Strafe wegen Drogenbesitzes kassiert, berichtete das Blatt am Wochenende.
Das muss man auch erst einmal hinbekommen. Ein Einbrecher, erwischt mit Tüten voll Kokain, der in Südafrika Asyl gesucht hat, führt eine Bewegung an, die genau davor Angst hat. Hallo Dresden, schon wach?
Allerdings ist es ja nicht so, dass alle Dresdner „Irgendwas mit Ausländer“ haben. Eine ganze Menge hatten sich aufgemacht, um sich für die Weltoffenheit Dresdens stark zu machen, das muss auch gesagt werden, bevor es wieder heißt, hier wird verallgemeinert. Vollspackenheit ist kein Dresdner Privileg. Das kann Düsseldorf oder Kassel auch. Aber halt nicht ganz so gut.
Neu und vor allem überraschend ist das alles nicht. Schon seit Jahren liefern die einschlägigen Internetplatformen Munition für den deutschen reaktionären Kleingeist und füttern die Wutbürgerchen mit allem, was der Homo, der Ausländer, der Moslem und der Neger an Schandtaten sich hier leistet. In den Kommentarspalten wird sich dann ereifert, dass sich die deutschen Bananen biegen. Sind erste Versuche, rechtspopulistische Parteien zu etablieren noch an der Zerstrittenheit der Protagonisten zunächst gescheitert, so hat die AfD die ersten Hürden genommen. Gegen die Mainstreammedien, gegen Gutmenschen und gegen Linksgrün versifften Faschismus, wie Sarrazin-Versteher die Dinge gerne formulieren. Und linksgrün versifft ist alles ab der CDU. Kann man so sehen. Muss man aber nicht. Sie mögen keine Homos, keine Transen, fordern hohe Strafen bei Vergehen, pflegen ein klassisches Rollenbild, auch der Jude ist nicht sonderlich beliebt und andere Religionen sind generell suspekt. Klingt dann auch eher wie Salafismus. Merken sie nur nicht.
Aber bei allem Verständnis für die Religionsfreiheit, so schlagen natürlich auch die bärtigen Vollspacken im Namen ihres Gottes gewaltig über die Stränge. Gut, so lange man sie brauchen konnte, wurden sie mit Waffen und Geld unterstützt und Öl ist ja auch eine prima Sache, aber Scharia? Geht ja gar nicht. Das blöde an der Sache ist nur, dass man ganz arg aufpassen muss, bei Kritik an den einen Vollspacken nicht auf einmal mit den anderen Vollspacken in einem Boot zu sitzen. Ich zum Beispiel bin ein großer Freund von Schnitzel und Bratwurst, trotz dubioser Tierhaltung, ich gestehe. Auch Weihnachten und der Martinsumzug sind mir ans Herz gewachsen – und auf dessen Fortbestand würde ich eigentlich auch ganz gerne weiterhin bestehen, auch sprachlich. Bin mir jetzt aber nicht ganz sicher, ob das gemeinsame Bratwurstwintergrillen nach dem Martinsumzug mittlerweile entweder Todesdrohungen von den einen oder aber ein Elterngespräch in der Schule nach sich zieht. Beides liegt ja derzeit im Bereich des Möglichen, im vorauseilenden Gehorsam wurde ja schon in Schulen und Kindergärten beides vereinzelt abgeschafft, die Bratwurst und der Martinsumzug. Das kann es ja auch nicht sein, darf man ja auch mal sagen, ohne gleich zu hören: „Geh doch nach Dresden, wenns dir hier nicht passt.“ Auch über das Verhältnis zum Judentum sollten wir mal reden, liebe Anhänger des Propheten ohne Abbild. Die gehören nämlich nicht nach Israel oder ins KZ, wie manch einer von euch glaubt. Da gibts noch viel zu lernen.
Und es scheint in der Tat so, je mehr versucht wird, es organisatorisch oder sprachlich allen Recht zu machen, um so stärker steigt der Verdruss. Kaum sollen wir politisch korrekt sprechen, haben wir zigtausende auf den Straßen, die ihr Recht auf den Neger einfordern. Kaum ist die Bratwurst geächtet, muss die Rindswurst halal sein. Kaum ist die Rindswurst halal, kommt der Veganer und beansprucht einen eigenen Grill. Und dann komme ich und erkläre lauthals: „Ich esse aus religiösen Gründen kein Gemüse.“ Schöner Kuddelmuddel. Früher hieß es ja „Es wird gegessen, was auf den Tisch kommt.“ Was habe ich bei dem Spruch gekotzt. Blumenkohl. Heute sehe ich Bilder von hungernden Menschen und denke manchmal, Gott, was bin ich privilegiert. Eine Hungersnot ist hier schon essenstechnisch gar nicht praktikabel.
Unterdessen überlege ich aus reinem Trotz zuhause nur noch englisch zu sprechen. Ich meine, so ein Ministerpräsident aus einem Bundesland, welches in Großteilen des Deutschen ebenso wenig mächtig ist, wie der Sachse als solcher, hat doch nicht mehr alle am Sträußchen, wenn er sich in der Öffentlichkeit hinstellt und allen Ernstes fordert: „Wer dauerhaft hier leben will, soll dazu angehalten werden, im öffentlichen Raum und in der Familie deutsch zu sprechen.“ So einer darf Auto fahren und wählen, da ist was grundsätzlich schiefgelaufen. Bevor der Dackel zur Pflicht wird, hau ich ab – aber mehr so nicht so nach Dresden. Und ich bin keineswegs radikal. Nur Anwohner.
Danke Axel, bis auf die halale Rindswurst meiner Meinung nach ein geialer Artikel, den ich auf facebook teilen werde..
Besonderen Dank für die Aufklärung über die Vita des Herrn Pegida-Gründers.
wib
Bitte. Was ist denn mit der Rindswurst schief gelaufen?
Großartig, vielen Dank dafür. Auch für die Rindswoscht
Ganz starkes Statement! Entlarvt und desavouirt die Vollspacken, egal ob in Ministerien, am Büdchen oder sonstwo!
Nun gibt es natürlich auch FRAGIDA für die volkstümelnde Bauchseele der Rhein-Main-Metropole. Argumentativ ist denen in jedem Fall nicht beizukommen, weil sie sich so konsequent der Logik entziehen. Das ist ja sehr schön beschrieben.
Aber ich glaube nicht, dass automatisch der Verdruss steigt, wenn man es allen recht machen will. In Deutschland meint man leider zu oft nur, es sei mit drei Grills getan. Das hinter dem Prinzip politscher Korrektheit versteckte Verwaltungs-/Vorschriftsprinzip ist ja keine Lösung. Aber grundsätzlich mitzudenken, dass eine Gesellschaft aus Menschen mit unterschiedlichen Biographien/Perspektiven besteht und man versuchen kann, gesellschaftliche Aktivitäten für viele anschlussfähig zu halten, ist ja nicht verkehrt. Es bringt damit auch nichts politisch korrekt sein zu sollen, um der politischen Korrektheit wegen. Wichtiger als drei Grills aufzustellen, wäre ja das Verständnis, warum ein Grill nicht für alle reichen könnte. Oder?
Fragida, jetzt auch noch. Und deinen letzten Satz unterschreibe ich sofort.
Wenn man glaubt, „der Ausländer“ nehme einem vielleicht nicht Arbeitsplatz oder Frau weg. aber dann doch die Bratwurst oder den verfickten St.Martin, ist man vom Pissnelken für Abendland, gegen Muselmannen nicht so weit weg wie man vielleicht denkt. Die glauben auch aus dem ganzen Rotz aus zumeist falschen Einzelmeldungen aus PI und der WELT (bloß keine BILD-Links, aber die andere Springergazette, die ist seriös, yo) einen irgendwie gefühlten Trend zu einer „Islamisierung“ ausmachen zu können.
Mir persönlich ist es scheissegal ob en Juddebub das Ausgangsprodukt meiner Rindsworscht koscher erlegt oder en Mohammedbub die halal abmurkst, oder was der Vorteil sein soll denen westlich in der gekachelten Tötungsfabrik in de Kopp zu schiessen. MEINE Freiheit bedroht das alles nicht. Im Gegensatz zu jedem verfickten Nazi der mich lieber tot als lebend sehen möchte.
السلام عليكم
Nun ja, es gibt auch manch Vollbart, der dich lieber tot als lebendig sehen möchte, ganz so einseitig ist die Sache dann doch nicht. Und mir ist es auch wurscht, wo die Rindswurst jetzt herkommt. Wenn es aber aus falsch verstandener Rücksichtnahme keine Bratwurst mehr gibt, halte ich das für falsch. Das heißt jetzt ganz und gar nicht, dass ich deshalb panische Angst vor Islamisiierung habe, sonder eher, dass ich Wandlungen im öffentlichen Leben aus religiösen Gründen scheiße finde.
Als ich das mit dem Deutschsprechen im öffentlichen Raum in der FR las, musste ich gleich an die Banker in Frankfurt denken. Wie bringen wir das denen bei? ;-)
Da scheitert es doch schon. Mittlerweile ist die CSU auch für die massive Einhaltung von Gesetzen. Die Folge: Uli Hoeness wird ausgewiesen und die Banken geschlossen :-)
Es wird ja in allen medien über diese „neue“ strömung berichtet, aber kein beitrag ist so treffsicher und entlarvend wie dieser hier. Chapeau, ganz stark!
Danke.
Du meintest Freiheitsentziehung statt Strafentziehung?
Ansonsten:
ganz großes Sprachkino!
Ne, Strafentziehing, besser Strafentzug, passt schon. Der Bachmann hat sich ja durch Flucht seiner Strafe entzogen.
Klasse geschrieben – vielen Dank dafür!
Und ein gutes Jahr wünsche ich dir.
Danke. Dir auch :-)