Neben Fußball und Literatur bestimmte mein Leben vor allem Eines: Die Musik. Genauer gesagt, die Musik von anderen Menschen; außer Blockflötenversuchen in frühester Kindheit und einem desaströsen Gitarrenkurs ist es mir nicht gelungen, ein Instrument zu beherrschen – sieht man einmal davon ab, dass ich von Zeit zu Zeit auf einer kleinen Blechflöte, einer Tin-Whistle, blase, in der Hoffnung, dass meine Nachbarn mir verzeihen.
Schon als kleiner Bub nahm mich die Hitparade mit Dieter Thomas Heck in Beschlag, zuhause oder bei meinen schon lange vestorbenen Großeltern war es stets ein wöchentliches Highlight, frischgewaschen im Schlafanzug die Sänger und Sängerinnen zu bestaunen. Schwer beeindruckt haben mich zu Beginn der Siebziger Juliane Werdings Am Tag als Conny Cramer starb oder Peggy Marchs Einmal verliebt – Immer verliebt. Rex Gildo natürlich, Jürgen Marcus, Michael Holm, Tony Marshall oder, na klar: Heino. Mohicana Shalali – ein magisches Etwas in einer Welt, die im TV schwarz-weiß daher kam. Ich wusste nichts von der Musikwelt, meine Eltern waren mit dem Alltag beschäftigt, im Hause meiner Großeltern lümmelten zwar einige Schallplatten, darunter jene von Heino – aber eine wirkliche Rolle spielte die Musik in beiden Häusern nicht, wobei die Häuser eher Wohnungen in Frankfurt waren. Immer wieder gönne ich mir nostalgische Anfälle, obgleich ich bis heute aus dem großen Spektrum aktueller Musik immer wieder Perlen entdecke, manche sind wirklich nagelneu, andere purzeln erst jetzt aus dem großen Kosmos zu mir herunter – und ich gebe es zu: ich bin wahllos. In meiner Welt können Adam und die Mickys, Bruce Springsteen, A Brass Banda, Social Distortion oder Blank & Jones neben Saxon und Daliah Lavi problemlos nebeneinander wohnen. Ramones, Iron Maiden, Einstürzende Neubauten, PeterLicht, And also the trees, Frankie Knuckles, Dance II Trance, Flogging Molly, Nick Cave, Seeed, Manu Chao, Arcade Fire, The National, Klaus Schulze, Herb Alpert, Black Rust, April March, Sweet, Hello, Slade, Renate Kern, Rainald Grebe – alles kann, nichts muss. Manchmal finde ich Sachen großartig, die kurz darauf ins Nirvana meines Vergessens verschwinden, manchmal entdecke ich Lieder erst Jahre oder Jahrzehnte später.
Aber es gibt ein paar Lieder, die haben eine ganz bestimmte Bedeutung und haben sich in die Seele eingefräst, auch wenn ich so manchesmal gar nicht so genau weiß, weshalb eigentlich. So bei dem Lied Zeit macht nur vor dem Teufel halt. Schon beim ersten Auftreten von Barry Ryan in der Hitparade 1971 war ich schwer beeindruckt, vielleicht weil ich damals nur ahnte, was dies heißen könnte: Zeit macht nur vor dem Teufel halt. Aber bis heute fällt mir dieses Lied immer wieder ein, wenn ich über den Soundtrack meines Lebens nachdenke. Vielleicht weil es die Vergänglichkeit thematisiert, die bis heute eines meiner Hauptthemen geblieben ist. Heute ist schon beinah Morgen. Genau so ist es. Komponiert wurde es von Barrys Bruder Paul, auf englisch heißt der Song To day. Heute hat sich Barry Ryan, dessen größter Hit Eloise war einen Namen als Fotograf gemacht. Das Titelbild auf der Eingangsseite ist aus der Serie The Daymares entnommen, leider kann ich keinen Direktlink setzen. Hier folgt nur der erste Teil des Soundtrack meines Lebens, Barry Ryan – Zeit macht nur vor dem Teufel halt. Das Video, gedreht in Baden-Baden, ist gleichfalls hervorragend. Viel Vergnügen.
Die Zeit
die trennt nicht nur für immer Tanz und Tänzer.
Die Zeit
die trennt auch jeden Sänger und sein Lied
denn die Zeit ist das
was bald geschieht.
Die Zeit
die trennt nicht nur für immer Traum und Träumer.
Die Zeit
die trennt auch jeden Dichter und sein Wort
denn die Zeit läuft vor sich selber fort.
Zeit macht nur vor dem Teufel halt
denn er wird niemals alt
die Hölle wird nicht kalt.
Zeit macht nur vor dem Teufel halt
heute ist schon beinah‘ morgen.
Die Zeit
die trennt nicht nur für immer Sohn und Vater.
Die Zeit
die trennt auch eines Tages dich und mich
denn die Zeit
die zieht den längsten Strich.
Zeit macht nur vor dem Teufel halt
denn er wird niemals alt
die Hölle wird nicht kalt.
Zeit macht nur vor dem Teufel halt
heute ist schon beinah‘ morgen.
Die Zeit
alle Zeit
Ewigkeit.
WOW I was a lot younger and hairier then!!!
Take care Axel and nice blog btw!
Barry :)
You are Barry Ryan?My name is Heike and the song „Eloise“is the soundtrack for my live.Thank you!
Alles kann, nichts muss und bei mir bleibt es auch beim bloßen Hören. Und damals trauerte ich um Conny Kramer, dessen Freundin ihn in der Hitparade besang. Denn damals war alles echt und wahr.
The night they drove old dixie down hörte ich später von Joan Baez, heute fast nur noch von The Band. Am Tag, als Conny Kramer starb blieb und bleibt davon unberührt. Er ist ein eigener Song, kein Cover. Ähnlich wie Lindenbergs Reeperbahn. (Gibt’s jetzt auch neu und anders im Duett mit Jan Delay. Anstelle der Beatles hat EverLast Pate gestanden.)
Barry Ryans Eloise habe ich immer geliebt. Grandioses Finale übrigens. Mag ich. (Das ist auch der Grunde, warum ich mich bei Hey Jude immer auf das Ende freue.) Und danke für das Fundstück. Der Text ist gut. Aber wer sagt, dass die Hölle nicht kalt wird? Manchmal friert sie sogar zu. Frag die Adler äh die Eagles. ;-)
Gruß vom Kid
frischgebadet die hitparade geguckt – das kenn ich auch :-)
und hey, barry ryan kommentiert hier, lässig. dann kann ich mich ebenfalls mal als „eloise“ fan outen. großartiger song!
barry, thanks for your comment and for the picture, big honour for me.
kid, eloise ist auch ein klasse song. damals war alles echt und wahr, heute sind sie dahin, die illusionen. die zeit.
pia, ab in die wanne :-)
viele grüße
beve
In der wilden Zeit … Kabelhilfe bei der Hitparade. Lange, wirklich lange ist das her. Die Erinnerungen aber immer noch frisch. Danke, Beve!
Viele Grüße aus der Kabeltrommel, Fritsch.
die dinge die bleiben sind die wirklich wichtigen :-)
Eloise ist der Song meines Lebens ,bin jetzt 61 , habe Barry 1973 in Aachen kurz kennengelernt, beste Grüße Peter Kreß
Eloise ist natürlich auch klasse. Und um deine Begegnung anno 1973 bendeide ich dich wirklich.
Gude und Danke für den Hinweis,
Vieles ist nachvollziehbar, Amur dass ich nie versucht habe ein Instrument zu lernen. :)
Und dass „Am Tag als Conny Kramer starb“ und Adam und die Mickys hier auch noch genannt werden versüßt mir den Tag.
Gruß
Tausi